Rituale mit Kindern: Alleine schlafen lernen #ANZEIGE

Erziehungsratgeberin kann und will ich nicht sein. Nach meinem letzten Post zum Thema Schlafen habe ich allerdings so viele Nachrichten mit Fragen zu dieser Thematik bekommen, dass ich gerne ein paar Sätze zu unseren Rituale schreiben würde. Wir haben viele Rituale in der Familie und insbesondere abends, bevor es ins Bett geht, und im Alltag, mit unserem behinderten Kind, empfinden wir Rituale als extrem wichtig und hilfreich. Also heute mal einen kleinen Einblick in unsere Rituale mit den Kindern.

Warum wir an Ritualen festhalten

Wie soll man wissen, was ein Kleinkind von einem möchte, wenn es nicht sprechen kann? Die Verzweiflung ist ja immer besonders dann groß, wenn es Missverständnisse gibt. Bei Klein und bei Groß. Bei Kleinkindern lösen sich die Probleme ja glücklicherweise meist schnell, weil sie uns ausdauernd zeigen, was sie möchten. Und weil das Problem meist kein wirkliches war. Unsere Jüngste nimmt mich gerne an die Hand und zieht mich dahin, wo sie mich gerade braucht. Mit Nachdruck zeigt sie dann auf das, was sie möchte. Bis ich es verstanden habe. 

Mari – unsere Tochter mit dem Angelman Syndrom – kann nicht sprechen. Sie wird auch niemals sprechen lernen. Sie ist extrem oft verzweifelt, weil wir sie einfach nicht verstehen. Sie beginnt zwar, uns Dinge zu zeigen, ist aber ihrer einjährigen Schwester in diesem Punkt schon jetzt deutlich unterlegen. Sprachlich bewegt sie sich aktuell auf dem Entwicklungsstand eines 10-Monate alten Babys. Mit dem Finger auf Dinge zeigen kann sie noch nicht. Auch nicht mit dem Kopf schütteln und Dinge verneinen. Ein Ja erkennen wir an ihrer Fröhlichkeit. Sie lacht über das ganze Gesicht, wenn sie sich verstanden fühlt. 

Rituale sind die einzige Möglichkeit, wie wir Mari und uns den Alltag leichter, leichter verständlich, machen können. Im Klartext bedeutet das: immer um die gleiche Uhrzeit Essen und Schlafen. So haben wir früh gelernt, was Maris Bedürfnisse sind. Ob sie müde oder hungrig ist. Dinge wie Schmerzen oder Trauer lassen sich dadurch leichter zuordnen und machen unseren Alltag wesentlich organisierbarer. 

Rituale erleichtern unser Familienleben

Rituale haben wir nicht erst mit Mari eingeführt: Schon beim ersten Kind war uns wichtig, dass wir alle einen guten Schlaf bekommen. Da ich das von meinen Babysitter-Erfahrungen so kannte, haben wir ein festes Ritual eingeführt. Das war damals noch extrem lang, heute kann ich das mit vier Kindern nur müde belächeln. Viel zu aufwendig. Dank ein paar kleiner Abänderungen/Aussparungen halten wir allerdings auch nach 6 Jahren an diesem Ritual fest. Bei all unseren Kindern. In abgespeckter Form.

Mit Mari haben wir die Rituale dann auf den ganzen Tag und unsere Wochenenden ausgeweitet. So versteht auch Mari immer genau, wann wir wo dran sind. Zum Beispiel gibt es freitags immer ein süßes Brot mit in den Kindergarten, samstags kuscheln wir morgens alle zusammen im Bett und gucken Kinderkanal, sonntags gehe ich vormittags mit den Kindern auf den Spielplatz, während André den Tisch abdeckt und die Küche aufräumt. 

Hochbett als Meilenstein 

Wir haben allerdings nicht nur Rituale im Alltag, im Kleinen. Auch Rituale in den Lebensphasen der Kinder. Mit einem Jahr ziehen die Kinder zum Beispiel in ihr eigenes Zimmer, mit zwei Jahren bekommen alle Kinder ein großes Bett, mit drei Jahren kommt die Schnullerfee. 

Dank der Rituale wissen wir, was wir unseren Kindern zutrauen können. Jedem das Gleiche. Das Hochbett ist da ein ganz gutes Beispiel: Das mitwachsende Bett ist meist der letzte Sprung zum Durchschlafen. Jeder weiß von seinen Geschwistern, dass das der Punkt ist, an dem man nachts alleine entscheiden kann, ob etwas fehlt. Ob man alleine und eigenständig zu Mama und Papa rüber gehen möchte, wenn sie gebraucht werden. Mit dem Hochbett beginnt die neue Phase, die Kinder werden Kindergartenkinder. Bisher haben wir noch bei keinem Kind die Gitterstäbe am Gitterbettchen abnehmen müssen, weil alle direkt in das Hochbett gezogen sind.

Als kleine Anmerkung zu unseren Hochbetten*: Alle Kinder haben Betten von De Breuyn Kindermöbel. Die Betten können auf unterschiedlichste Weise umgebaut werden und mit unterschiedlichsten Treppen/Teilen ergänzt werden. Sogar mit kleinen Törchen am Ein- bzw. Ausgang. Sie können auch von zwei-jährigen Kindern optimal genutzt werden und stellen keine Gefahr dar. Wir haben da extrem gute Erfahrungen mit allen Kindern und den Betten von De Breuyn gemacht. 

Jetzt kann man natürlich sagen, dass jedes Kind anders ist und jedes Kind seine Zeit braucht. Wie aber schon bereits gesagt, müssen wir viel organisieren, nicht nur weil wir vier Kinder haben, sondern weil eines davon auch ein behindertes Kind ist. Da muss alles ritualisiert werden, damit die Zahnräder unseres Systems ineinandergreifen können. 

Abendritual mit unseren Kindern

Und weil so viele danach gefragt haben, hier nochmal im Detail unser Abendritual: Jeden Abend um 18 Uhr essen wir gemeinsam zu Abend. Das sind mal nur Brote, mal koche ich aber auch. Das hängt natürlich auch davon ab, ob ich alleine bin, Hilfe habe (gelegentlich holen wir uns Hilfe von Freunden) oder André sogar schon von der Arbeit zurück ist. Nach dem Essen räumt einer von uns auf, dunkelt alle Zimmer ab, legt die Schlafanzüge raus, bereitet Maris Medikamente vor. Der andere geht mit den Kindern noch etwas raus oder geht mit ihnen in unseren Spielraum im Keller und es wird noch etwas getobt. 

Um viertel nach sieben gehen alle gemeinsam in die Badewanne. Jeden Abend. Das hat damit zu tun, dass Mari Wasser liebt und wir gemerkt haben, dass die Kinder in der Badewanne alle sehr gut runterkommen. Wusstet ihr, dass warmes Baden den Melatonin-Spiegel anregt? Mari fehlt leider Melatonin. Wir verabreichen es ihr dazu auch noch künstlich. 

Wir putzen die Zähne in der Badewanne und anschließend wird einer nach dem anderen in den Schlafanzug gesteckt, gekämmt und gecremt. Mit der Creme haben wir irgendwann mal beim Ältesten angefangen, weil er so eine trockene Haut um den Mund hatte. Mittlerweile machen wir es einfach nur noch als Ritual. Ich denke irgendwie immer, der Geruch der Creme sendet auch das Signal: SCHLAFEN. Wir kennen die Creme ausserdem aus unserer Kindheit. Dann wandern alle gemeinsam auf die Couch. Hier wird dann gelesen, auch mal eine Folge der Lieblingsserie geguckt. Das variiert und hängt auch damit zusammen, wie wir gerade kräftemäßig aufgestellt sind.  

Ja und dann? Dann legen wir sie alle nacheinander ins Bett: Hinlegen, zudecken, ein Kuss. Gute Nacht. Das war auch schon unser Ritual. Jeden Tag. Immer das Gleiche.

Rituale bedeuten natürlich auch, dass man Ausnahmen machen kann, dass auch mal alles anders laufen darf. Rituale sind da, um gebrochen zu werden. Auch wenn das für unsere Mari eine kleine Katastrophe bedeutet. Sie ist dann immer unruhig und nervös. 

Rituale bedeuten aber auch, dass man konsequent sein muss. Dass man sich ganz genau überlegen muss, was man wann und wie erwartet. Und das muss man auch durchziehen. Wenn die Kinder nachts ins Elternbett kommen und man für sich entschieden hat, dass sie (außer natürlich in extrem Situationen wie Krankheiten oder Albträume) in ihrem Bett schlafen müssen, dass man sie dann auch wieder zurückbringt. Für unsere Kinder ist das nie ein Problem. Aber das bedeutet natürlich, dass einer von uns aufsteht, mit dem jeweiligen Kind spricht, mit ihm kuschelt, etwas zu trinken macht und es auch zurück in sein Bett begleitet. Glaubt es oder nicht: Sie sind total glücklich damit. Und wir natürlich auch. 

Wie unsere Kinder schlafen gelernt haben

Mit Ritualen. Mit immer dem gleichen Ablauf. Ok, das wird Euch nicht reichen. Also: Wir haben uns überlegt, was wir uns vorstellen. Uns war wichtig, dass jedes Kind in seinem Bett schläft. Dass wir sie nicht in den Schlaf Kuscheln, streicheln oder tragen. Also jedes Kind lernt, alleine einzuschlafen. 

Wie unsere Kinder alleine einschlafen gelernt haben

Wir haben also geguckt, dass sie satt, glücklich und vor allem müde waren. Wir haben sie wach in ihr Bett gelegt. Ihnen gesagt, dass wir jetzt raus gehen und sie schlafen müssen. Ihnen eine Gute Nacht gewünscht. Dann gab es natürlich erstmal etwas Ärger. Sie haben gemotzt, auch mal geschrien und geweint. Wir haben gemeinsam vor der Tür gewartet und das Schreien zugeordnet. Eine Skala von 1 bis 10. Sind sie verärgert, beängstigt oder sogar verzweifelt? Das konnten wir immer gut einschätzen. Und dann haben wir darauf reagiert, sind immer wieder reingegangen, haben sie wieder richtig hingelegt, gestreichelt, kurz getröstet und ihnen versichert, dass wir bei ihnen sind, sie nicht alleine lassen, dass es jetzt aber Zeit zum Schlafen ist. Nach ein paar Tagen war alles gut. Sie haben es alle schnell gelernt, mittags und abends. Bei uns Zuhause und auch im Urlaub. Immer mit dem gleichen Ritual. 

 

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FOTOS: CATJA VEDDER